Hejo Emons

Wer hat´s erfunden? Nicht die Schweizer.

Zwischen Programmplanung und Telefonaten mit Autorinnen hat sich Hejo Emons Zeit für Antworten genommen. Die Fragen für Mordby stellte Arnd Rüskamp.

Warum kann sich auf einen guten Krimi freuen, wer sich für Emons entscheidet?

Die Kriminalromane, die bei Emons erscheinen, decken eine große Bandbreite ab. Das gilt regional, aber auch inhaltlich: Unsere Krimis spielen an Schauplätzen von Nord nach Süd, von Ost nach West. Es gibt heitere Cozy-Krimis, harte Thriller, spannende Whodunits, coole Detektivgeschichten und einfühlsame Psychogramme. Sie alle eint, dass es Geschichten über Verbrechen sind, aber eben auch Geschichten über das Leben in all seinen Facetten. Sie alle haben zudem gemeinsam, dass wir uns im Verlag sehr gut überlegen, welche Bücher und Geschichten wir herausgeben wollen. Nur, wenn uns ein Text begeistert und wir die Chance sehen, dass das auch den Leserinnen und Lesern so gehen wird, haben wir Spaß daran, ihn zu verlegen.  

Sie gelten als der Erfinder des Regionalkrimis. Wie kam es zur guten Tat?

Als wir bei Emons in den 80er-Jahren angefangen haben, Krimis zu verlegen, gab es längst nicht so eine bunte Szene von Leserinnen und Lesern, von Autorinnen und Autoren. Viele der Krimis, die damals erschienen, waren entweder Übersetzungen aus dem angelsächsischen Raum oder bisweilen recht ungelenk daherkommende Soziokrimis, denen der Rucksack an gut gemeinten Idealen und Thesen, den sie mit sich umhertrugen, mitunter ein wenig das Sprachgefühl und die Handlung erdrückte. Ein bisschen hatte man das Gefühl, ein Krimi müsste zwingend in New York oder Los Angeles oder mindestens in Berlin spielen. Als dann unser erster Köln-Krimi »Tödlicher Klüngel« von Christoph Gottwald erschien, war es eine kleine Sensation. Nicht nur haben wir die Erstauflage innerhalb weniger Wochen verkauft. Auch die deutschen Feuilletons waren landauf und landunter völlig aus dem Häuschen und der Autor durfte sich fortan mit dem Beinamen »Der Chandler vom Rhein« schmücken. Das war die Geburtsstunde des deutschen Regionalkrimis. Wir haben den Krimi sicher nicht völlig neu erfunden, aber dass ein Autor und ein Verlag einen Schauplatz, der zu der Zeit völlig ungewöhnlich war, derart in das Zentrum seines Krimis stellten, war sicherlich ein Novum. Und weil diese »neue« Art von Krimi bei den Leserinnen und Lesern ankam, haben wir weitergemacht. Zuerst im Rheinland in und um Köln, später auch in anderen Bundesländern und noch später sogar in Österreich, der Schweiz und vielen anderen Ländern.

Die ersten Krimis von und bei Emons spielten in und rund um Köln. Wann erkannte der Verlag den Norden als geeignete Krimiregion?

Das war einfach ein Prozess. Mit dem Erfolg der Bücher zog der Regionalkrimitrend zunehmend größere Kreise. Immer mehr Medien berichteten und plötzlich erreichten uns Manuskripte aus ganz Deutschland. Wir haben uns das alles angesehen, und wenn wir der Meinung waren, es mit guten Geschichten zu tun zu haben, haben wir sie verlegt. Inzwischen sind in Norddeutschland eine ganze Menge Bücher von großartigen Autorinnen und Autoren erschienen.

Was unterscheidet Krimis, die im Norden spielen, zum Beispiel von solchen, bei denen die Leiche hinterm Dom liegt?

Jeder Kriminalroman verfügt über einen eigenen Sound. Das liegt zum einen natürlich am Stil und den sprachlichen Eigenarten der Autorinnen und Autoren. Aber selbstverständlich ist auch die Wahl der Schauplätze dafür entscheidend. Eine Szene, die am Alexanderplatz in Berlin spielt, klingt und liest sich anders als eine, die in einer süddeutschen Berghütte verortet ist, und diese wieder anders als eine, die auf einem windumtosten Nordseedeich oder in/an einem Ostseehafen spielt. Doch damit erschöpft sich die Faszination des Regiokrimis noch nicht: In einem guten Regionalkrimi spielt der Schauplatz der Krimihandlung nicht nur irgendeine nebensächliche Rolle, sondern wird selbst zum Teil der Krimihandlung. Gute Krimis erzählen von Verbrechen, denen unter den fiktiven Gegebenheiten der Geschichte eine gewisse Notwendigkeit innewohnt. Und für den Regionalkrimi bedeutet diese Notwendigkeit, dass er im Idealfall eine Geschichte erzählt, die sich so eben nur an diesem einen bestimmten Ort ereignen konnte. Das ist natürlich interessant zu lesen, weil es die Spannung aus der Anonymität irgendeiner fernen Großstadt oder der skandinavischen Wildnis befreit und direkt vor die eigene Haustür bringt. Diese Unmittelbarkeit macht einen großen Teil der Faszination des Regionalkrimis aus. Die Leserinnen und Leser erkennen ihre Region wieder mit ihren unverwechselbaren Eigenschaften, ihren liebenswürdigen und weniger liebenswürdigen Seiten, ihren sprachlichen, kulinarischen, kulturellen Besonderheiten. Sie sind der Geschichte einfach nah. Und: Was nahe ist, geht auch einem auch nahe.

Wer im Emons-Team hat eine besondere Beziehung zu Ebbe, Flut und Fischbrötchen? Was hat es mit dieser Verbindung auf sich?

Wir haben Kolleginnen und Kollegen im Verlag, die eine opulente ostfriesische Ahnentafel vorweisen können, zudem zahlreiche hochseetaugliche Menschen, die bei jedem Wetter fast jede freie Minute an den deutschen Küsten verbringen. Außerdem gilt, dass Köln nicht nur die nördlichste Stadt Italiens, sondern auch die südlichste Stadt Norddeutschlands ist. Vor allem haben wir aber eins: ganz wundervolle norddeutsche Autorinnen und Autoren.

Die Krimis gibt es, weil Autor*innen Ideen haben und tapfer am Schreibtisch sitzen, bis der letzte Satz sitzt.

Erzählen Sie uns etwas über Emons und die Menschen hinter den Geschichten?

Unsere Autorinnen und Autoren sind echte Kenner der Region. Sie verfügen zudem über eine überbordende Kreativität, ein hinreichendes Maß an krimineller Energie (das sich in den meisten Fällen zum Glück nur in ihren Krimis niederschlägt) und eine Flut von Ideen, die nur darauf wartet, aufgeschrieben zu werden. Wir von Emons sind mit ihnen im ständigen Austausch und sitzen hier in Köln, wo wir dafür sorgen, dass all diese guten Geschichten dann auch als Buch erscheinen. Wir sind zwar kein kleiner Verlag mehr, aber eben auch kein Großkonzern. Nach all den Jahren sind wir immer noch ein inhabergeführtes Unternehmen und wir versuchen die Nähe, die den Regionalkrimi ausmacht, auch im Arbeitsalltag zu leben. Bei uns sitzen noch echte Menschen und man kann uns anrufen und mit uns in Kontakt kommen. Mit all unseren Autorinnen und Autoren, aber auch mit den Leserinnen und Lesern eint uns vor allem eine Sache: die Leidenschaft für gute Bücher.

Was können Freundinnen und Freunde des Nord-Krimis von Emons in der Zukunft erwarten?

Gute Geschichten.

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